Dr. Reinhold Hemker, MdB a.D.
SHUUZ: Herr Dr. Hemker, Sie sind Präsident der Deutsch-Simbabwischen Gesellschaft, was darf man sich unter dieser Organisation vorstellen?
Hemker: Die DSG wurde 1984 gegründet. Sie berät Menschen, die nach Simbabwe reisen wollen und zeigt den Menschen Wege auf, wie sie das Land unterstützen können und veranstaltet deutschlandweit Ausstellungen mit hochkarätiger Kunst.
SHUUZ: Wie entstand Ihre Verbindung zu Afrika?
Hemker: Das begann bei mir bereits in den Siebziger Jahren, im Rahmen meiner Solidaritäts- und Antirassismusarbeit für Namibia und Südafrika. 1982 war ich das erste Mal in Simbabwe und habe bald viele Projekte, Menschen und Kooperativen in Simbabwe mitorganisiert und unterstützt.
SHUUZ: War Ihre Arbeit erfolgreich?
Hemker: Etwas kann nur dann erfolgreich sein, wenn sich auch die politischen Verhältnisse im Land positiver sind. Seit circa zehn Jahren sind die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse allerdings leider immer schlechter geworden.
SHUUZ: Wie wurden Sie und Ihre Arbeit am Anfang von den Leuten aufgenommen und wie nehmen die Afrikaner Sie heute wahr?
Hemker: Viele Menschen in Simbabwe sind im Laufe der Zeit Freunde geworden. Das geht von den Mitgliedern in einem regionalen Fußballverein bis hin zur deutsch-simbabwischen Gemeinde vor Ort. Wir haben nahezu überall Freunde gewinnen können.
SHUUZ: Wie sehen Sie als Afrikakenner den Export von Second-Hand-Textilien aus den westlichen Ländern nach Afrika?
Hemker: Ich habe etwas dagegen, wenn die Leute gleich aufschreien und behaupten, so etwas würde die heimische Produktion zerstören. Wichtig ist aber, dass der Second-Hand-Handel nicht in Konkurrenz mit den in Afrika hergestellten Produkten organisiert wird.
SHUUZ: Was sagen Sie zum Projekt SHUUZ?
Hemker: Ich finde es gut, wenn Schuhe, die noch brauchbar sind, nicht einfach weggeschmissen, sondern gesammelt und verwertet werden. In Afrika gibt es Unmengen billiger, schlechter Schuhe, die größtenteils von den Chinesen dorthin gebracht werden. Wenn nun durch SHUUZ gebrauchte, aber hochwertige Schuhe in den Handel kommen, ist das zu begrüßen. Zumal, wenn sie von Leuten gekauft werden, die sich sonst überhaupt keine Schuhe leisten könnten.
SHUUZ: Ist das Projekt SHUUZ auch in einem größeren Zusammenhang zu sehen?
Hemker: Durchaus. Im Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie wurden schon vor Jahren unter dem Arbeitsbegriff „Faktor 4“ Konzepte für die Wiederverwertung von gebrauchten Materialien entwickelt. Stoffe, die damals noch verbrannt wurden, werden heute einer weiteren Nutzung zugeführt. Das gilt nicht nur für Materialien wie Leder und Kunststoff, aus denen Schuhe produziert werden, sondern auch für viele andere Rohstoffe.
SHUUZ: Also ist das alte Gebrauchte nicht wertlos?
Hemker: Vor Jahren gab es Begriffe wie Repowering im Bereich der Windenergie noch gar nicht. Jetzt werden Anlagen, die schon viel Strom produziert haben, abgebaut und in Entwicklungsländern wieder aufgebaut. Die Wörter Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit bezogen sich früher vorwiegend auf die Land- und Forstwirtschaft. Heute werden nahezu alle Bereiche der Produktion und Wirtschaft in diesen Fokus gerückt.
Letztlich kommt es doch darauf an, wie viel Energie eingespart werden kann und wie sparsam wir mit den zum großen Teil endlichen Ressourcen umgehen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nein, das Gebrauchte ist nicht wertlos.
SHUUZ: Herr Dr. Hemker, vielen Dank für das Gespräch.